Ein Gang durch die Natur, wie sie der Mensch zurzeit Natur sein lässt. Ein schmaler Bohlenweg führt über weite Teile zum Schutz von Tier und Pflanze - und auch des Bodens – vor zu vielen Füßen auf kleiner Fläche. Ich bin hier ganz allein – denke ich.
Denke ich falsch!
Gleich eine ganze Gruppe kommt mir entgegen, teilweise zwei oder fast zweieinhalb nebeneinander. Jetzt müssen die aber hintereinander gehen, damit ich problemlos an ihnen vorbei komme, so meine nicht ganz freundlichen Gedanken unterstützt vom direkten Blick mit lächelfreier Miene. Die Gesichter in der Gruppe ernst, der Blick eher nach unten gerichtet als in die Landschaft oder auf mich. Es wird geschwiegen.
Plötzlich ein offener Blick auf mich, wo ich wohl nicht ganz so freundlich erscheinen mag, im gemäßigten Schritt mit leichtem Lächeln: „Moin!“ gelangt an mein Ohr von fast allen sich rechtzeitig hintereinander sortierenden – und teilweise lächelnden- Gruppenmitgliedern. Mein Weg ist ungehindert frei; muss noch nicht einmal ein wenig ausweichen oder meine Laufgeschwindigkeit verringern. Leichte Überraschung in meiner noch nicht freundlicher gewordenen inneren Stimmung und dem mich durch die Anwesenheit anderer gestört fühlen. Aber – na ja!
Und sogleich erscheint in der relativen Ferne des schmalen Weges eine weitere Gruppe. Und die auch noch in meiner Laufrichtung. „Oh, ich kann doch jetzt nicht hinter denen langsam herlaufen! Das will ich nicht!“, meine empörten Gedanken und über meine Lippen kommen die freundlich klingenden Worte: „Achtung Überholverkehr!“ Scheint‘s freundlich genug und manches Mal noch ergänzt mit „von hinten“. Die Reaktion – und das jedes Mal – ruhiges und freundliches Ausweichen, manchmal gepaart durch ein kleines Gespräch mit dem eigentlich ja eiligen und nicht ganz so freundlich gestimmten Vorbeiläufer.
Fast unmerklich hebt sich seine innere Stimmung langsam und stetig. Zumal, ganz entgegen seiner vorgefassten Erwartung, es gibt nicht eine einzige Begegnung, die er wirklich negativ interpretieren könnte. Noch nicht einmal die klassischen zehn Prozent. Und selbst da, wo sich größere Gruppen ansammeln, weil es besonderes zu beobachten und zu bestaunen gibt, hat selbst er innerlich nichts zu meckern – außer natürlich, dass er hier nicht allein ist.
Und noch seltsameres. Eine hölzerne Aussichtsplattform. In der Mitte eine einfache Sitzbank, besetzt durch einen jungen Mann, dessen Äußeres eine vorurteilshafte Vermutung „rechte Szene“ aufkommen lässt. Bei ihm eine junge Frau, die ihm zugewandt sparsam redend beim Essen zusieht – und dabei genau an der Stelle steht, die er gerne eingenommen hätte. „Moin, darf ich Sie bitten Ihren Platz auf die andere Seite der Sitzbank zu wechseln? Ich würde gerne von dieser Position aus fotografieren.“ Sie wechselt den Platz ohne Zögern.
Der junge Mann bleibt unbewegt sitzen und blick ihm auf kurze Distanz auf den Rücken. „Oh, jetzt stehe ich Ihnen ja genau vor der Nase. Wollen Sie sich nicht besser umdrehen und beim Essen diese schöne Frau ansehen?“ „Och, die sehe ich ja jeden Tag!“ Gesagt und sich umgesetzt.
Und es geht noch weiter. Ein Gespräch über Wölfe, Hirsche, Fischerei, Angeln, Kegelrobben, Seeadler und Kormorane. Wir sind wahrlich nicht bei allen Tieren einer Meinung. Dem Austausch – vorwiegend mit ihm - schafft das keinen Abbruch. Sie lächelt leicht und scheint nicht durchgängig seiner Meinung zu sein. Und übrigens, wichtig schien es ihm zum Abschluss zu sein, auf seine Umwelt- und Tierfreundlichkeit hinzuweisen - und „wenn ich in der Natur spazieren gehe, hebe ich den Müll auf, der oft einfach da herum liegt!“
Mein Blick auf die (zu) vielen Menschen um mich herum wird merklich immer freundlicher.
Aus: ACHTUNG für die Dinge und das Leben, siehe unter "Wortwelten".
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