Archiv Gesundheit & Heilen


August - Dezember 2023


Kräudeln: Per Rad die Kräuterwelt erkunden

Autorin & Fotos: Dorothee Stübe

 

Seit nunmehr zehn Jahren radele ich einmal monatlich mit naturinteressierten Menschen durch das grüne Oldenburg, um verschiedene Wildkräuter in ihrer natürlichen Umgebung kennenzulernen - und zu genießen. Wie lassen sich Heilpflanzen in der Küche oder für die Hausapotheke verarbeiten? Wie unterscheiden sie sich von ihren giftigen Artgenossen? Welche besonderen Signaturen zeigen sie uns? Diese und andere Fragen werden auf der Kräudeltour behandelt, und nun kann man auch schon erahnen, was sich hinter meiner Wortschöpfung Kräudeln verbirgt: Eine Kombination aus den Anfangssilben der Wörter Kräuter und Radeln = Kräudeln. 

 

Die Kräudelgruppe trifft sich in Wechloy vor dem Lokal „Zum Drögen Hasen“ und ist ca. drei Stunden in gemütlichem Tempo Richtung Ammerland unterwegs. Zwischendurch gibt es an einem sonnigen Platz in Wassernähe ein Picknick mit selbstgemachten Kräutersnacks. Dabei werden Rezepte weitergegeben und Kräutergeschichten ausgetauscht.

 

Unter den Pflanzen, die wir besuchen, befinden sich auch viele alte Bekannte, die wohl jedem schon einmal über den Weg „gewachsen“ sind oder sich sogar im eigenen Garten, auf der Terrasse oder auf dem Balkon tummeln. Beliebte Wildkräuter, die man auch im Spätsommer gut ernten kann, sind Schafgarbe und Gundermann. Diese Pflanzen sind weit verbreitet, denn sie stellen keine besonderen Ansprüche an Boden und Standort. Während die Schafgarbe eine sonnige Lage bevorzugt, findet man den Gundermann eher an feuchten und halbschattigen bis schattigen Plätzen mit nährstoffreichem Boden.

 

Vom „Herrn des Eiters“

Schon nach wenigen Minuten treffen wir auf unserer Radtour Herrn Gundermann an und nehmen ihn gleich einmal unter die Lupe: Ein über den Boden kriechendes Pflänzchen, daher auch „Erdefeu“ genannt, mit meist dunkelgrünen rundlichen oder nierenförmigen, an den Rändern gekerbten Blättern. Während der Blütezeit jedoch richtet sich die ganze Pflanze auf, als wolle sie ihre Blütenpracht stolz präsentieren. Seine Eigenschaft, an Zäunen emporzuklettern, hat ihm den plattdeutschen Beinamen „Kiek dör´n toon“, Guck-durch-den-Zaun, eingebracht. Auch der Name Gundermann weist auf eine besondere Eigenschaft hin: Die Silbe Gund stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet Eiter. So übersetzt haben wir es also mit dem „Herrn des Eiters“ zu tun! Tatsächlich kann der Gundermann bei der Behandlung von schlecht heilenden Wunden, auch im Mund- und Rachenraum, hilfreich sein. 

Doch damit nicht genug: Gundermann kann sowohl bei Erkältung als auch bei langwierigen Krankheiten helfen. Er unterstützt Blase und Nieren und hilft bei der Ausleitung von Schwermetallen, vor allem Blei. Der Gundermann hat eine allgemein kräftigende, den Stoffwechsel anregende Wirkung.

Auch in der magisch-religiösen Welt unserer Vorfahren spielte der Gundermann eine bedeutende Rolle. Er wurde dem Gott des Donners, Donar, geweiht. So wurde ein Sträußchen des „Donnerkrautes“ in Haus und Stall aufgehängt, um die zwei- und vierbeinigen Bewohnern vor Blitzeinschlag und anderen Gefahren zu beschützen. Ein Gundermannkränzchen, auf dem Kopf getragen, sollte sogar hellsichtig machen! Hat es heute schon jemand ausprobiert? 

 

In früheren Zeiten war es ganz natürlich, die Heilpflanzen für magische Zwecke zu verwenden. Im Weltbild unserer Vorfahren waren die Pflanzen beseelte Lebewesen, die in direkter Verbindung mit dem Göttlichen standen.

 

Leckeres Wiesen-After-Eight

 

Unsere Kräudelgruppe begnügt sich zunächst mit der genaueren Erkundung eines einzelnen Blättchens. Um Bekanntschaft mit dem speziellen Duft zu machen, reiben wir das Blatt vorsichtig zwischen den Fingern. Hmm ... wie lässt sich so ein spezieller Geruch nur beschreiben? Riecht nach Thymian. Nach Minze. Nein! Riecht nach Ziege. Wie Tabak. Solche und andere Geruchseindrücke liefert der Gundermann! Schließlich einigt man sich auf die Note würzig und intensiv. Daher ist dieses Pflänzchen auch wie geschaffen für die Küche. Im Salat und in der Kräuterbutter kann man gut ein paar Blättchen Gundermann unterbringen. Natürlich darf er im Frühjahr auch nicht in der Neun-Kräuter-Suppe fehlen, eine magische, kräftigende Speise unserer germanischen Vorfahren, die das ganze Jahr über Gesundheit gewährleisten sollte, indem man sich mit den guten Kräften der Natur verband.

 

Wenn man den Gundermann auf ganz einfache Weise verwenden möchte, kann man einzelne Blättchen direkt auf´s Butterbrot legen. Auch im Kräuterquark und in der Kräuterbutter schmeckt er prima. Das Pflänzchen sollte aufgrund seines intensiven Aromas jedoch sparsam verwendet werden.

Das „Wiesen-After-Eight“ ist eine besondere Leckerei: Dazu werden besonders schöne Blätter vom Gundermann in geschmolzene Schokolade getaucht. Danach abtropfen lassen und zum Trocknen auf Küchenpapier legen. Der herbe Minzgeschmack in Kombination mit der Schokolade ist ein besonderes Geschmackserlebnis. Auch zur Dekoration von Kuchen, Torte oder Eis ist das Wiesen-After-Eight geeignet.

Viele gute Inhaltsstoffe befinden sich im Gundermann: Vitamin C, Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherische Öle und Kalium, um nur einige zu nennen. Er enthält aber auch Substanzen, die für Kleintiere tödlich sind. Also bitte nicht an Häschen & Co verfüttern!

 

Der Gundermann kann das ganze Jahr über geerntet werden. 

 

Augenbraue der Venus

Unsere nächste Station führt uns zu einer weiteren historischen Pflanze. Schon aus der Entfernung strahlt sie uns mit ihren hübschen weißen und rosa Blüten an. Auf den ersten Blick erscheint sie wie ein Doldenblütler, doch in Wirklichkeit trägt ihre rispige Scheindolde winzig kleine Korbblüten, die ihre Zugehörigkeit zur Familie der Korbblütler zeigt. Die Schafgarbe trägt wunderschöne längliche fein gefiederte Blätter, die ihr den Namen „Augenbraue der Venus“ eingebracht haben. In dem Duft ihrer Blüte meint man die sonnige Würze und Fülle eines ganzen Sommers zu wahrzunehmen. 

Ihr lateinischer Name Achillea bezieht sich auf den griechischen Gott Achilles, der in der Schlacht um Troja mithilfe der Schafgarbe seine blutigen Kriegsverletzungen behandelte. Die blutstillende Wirkung der Schafgarbe hat ihr auch den Namen „Herbe au charpentier“, Zimmermannskraut, eingebracht. Wenn man sich beim Hämmern einmal den Daumen blutig schlug, griff man auch hier zum blutstillenden Kraut. Die Schafgarbe wirkt außerdem entzündungshemmend, entkrampfend, verdauungsfördernd und kräftigend. Sie kann bei Menstruationsproblemen und Nervosität, bei Magen- und Darmstörungen und bei Blähungen helfen. Ein wahrer Tausendsassa, die Schafgarbe, wie schon die althochdeutsche Bezeichnung „garwe“ = Gesundmacher bereits verrät. Sie enthält Bitterstoffe, Gerbstoffe, Cumarine, Flavonoide und ätherische Öle.

 

Die astrologische Signatur der Schafgarbe ist der Planet Venus. Dieser steht bekanntlich für die Liebe. Die Schafgarbe kann tatsächlich unseren Körper und Geist harmonisieren. Bereitet man sich einen Tee aus frischem und getrocknetem Kraut, lässt die entspannende und beruhigende Wirkung nicht lange auf sich warten, da bereits die ätherischen Öle einen wohltuenden Duft erzeugen. Die Schafgarbe vermag den Geist friedlich zu stimmen und hilft den Menschen zueinander zu finden, um harmonisch miteinander zu leben. Eine Tasse, zubereitet aus dem frischem oder getrockneten Kraut (Blüte und Blätter können verwendet werden), lassen die Welt gleich entspannter aussehen. Dafür 1 Esslöffel getrocknetes Kraut (frisches Kraut doppelte Menge), mit 150ml kochendem Wasser übergießen, ca. 7 Minuten ziehen lassen. Fertig. 

 

Wir nehmen uns Zeit beim Kräudeln. Wir betrachten jede Pflanze in Ruhe und lassen sie auf uns wirken. Mit allen Sinnen nehmen wir ihr Wesen wahr. Unser Bewusstsein weitet sich. Wir erinnern uns an unser eigenes wahres Wesen, welches die Natur liebt, weil es tief mit ihr verbunden ist. Diese Verbindung bringt Fülle und Freude in unser Leben.

 

Pause mit Picknick

 

Auf unserer Kräutertour begegnen uns noch weitere spannende Heilpflanzen, mit denen wir uns beschäftigen. Zwischendurch gibt es eine Pause, in der wir uns mit selbst zubereiteten Gemüsebratlingen und Kräuterdip stärken. Jetzt ist Zeit für eine kleine Buchvorstellung aus der Kräuterwelt. Ich gebe eines meiner Lieblingsbücher in die Runde: Susanne Fischer-Rizzi, Medizin der Erde. Ein wahrer Longseller aus dem Jahr 2005, in dem die im Allgäu lebende Heilpraktikerin und Autorin ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit heimischen Wildkräutern auf liebevolle und ganzheitliche Weise weitergibt. Wir erfahren dabei sowohl etwas über den historischen und mythologischen Hintergrund der jeweiligen Pflanze, als auch über die medizinischen und kulinarischen Verwendungsmöglichkeiten. Fischer-Rizzi beschreibt Wirkung und Inhaltsstoffe der Kräuter, auch für Anwendungen in der Tierheilkunde. Das ganze Werk ist außerdem mit eindrucksvollen Pflanzenzeichnungen geschmückt.

 

Gut gestärkt und bereit für weitere Pflanzenbegegnungen radeln wir nach einer Weile weiter auf unserer Rundtour, bis wir schließlich unser Ziel, den Drögen Hasen, wieder erreicht haben. Ab hier trennen sich unsere Wege und jede/r radelt nun weiter ihres/seines Weges - Kopf und Herz gefüllt mit Kräudelfreuden.

 

Dorothee Stübe hat eine Ausbildung an einer Heilpflanzenschule in Oldenburg sowie eine Ausbildung in Phytotherapie absolviert. Sie bietet ab April bis September Kräuterspaziergänge in der Haarenniederung und Kräuterradtouren an. 

Die examinierte Musiklehrerin verbindet in ihrer Arbeit die Schwerpunkte Natur und Musik. Sie  ist  als Klavierpädagogin, Chorleiterin und Sängerin tätig. Außerdem hat sie Klavierstücke zum Thema Natur komponiert, die in ihrem Werk „Piano Natur“ 2019 erschienen sind. 

Zur Zeit arbeitet sie an einem Buch über Heilpflanzen.

 

Termine für Kräuterwanderungen und Kräudeln sowie weitere Infos finden Sie unter www.krautundklang.de . 

 

Mehr zum Buch „Medizin der Erde“ von Susanne Fischer-Rizzi: www.buchhandlung-plaggenborg.de . 


April - August 2023


Bitterstoffe – wichtig für Darmgesundheit, Verdauung und vieles mehr

Bild: © wreco – pixabay.com
Bild: © wreco – pixabay.com

Autorin: Barbara Simonsohn

 

Bitterstoffe wurden aus unseren Nahrungsmitteln systematisch herausgezüchtet. Die Grapefruit von heute hat geschmacklich kaum mehr etwas zu tun mit der Pampelmuse meiner Kindheit. Züchtungsziele auch im Bio-Landbau haben nichts mit Gesundheit zu tun, leider. Im Fall „Bitterstoffe“ ist dies fatal. Denn Bitterstoffe optimieren unsere gesamte Verdauung und Stoffwechsel, entlasten die Leber, stärken die Bauchspeicheldrüse und stärken das Immunsystem. Nur durch die ausreichende Zufuhr von Bitterstoffen kann sich die Darmflora regenerieren und können die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln optimal aufgenommen werden.

Bitterstoffe aktivieren die Verdauungssäfte und die Darmperistaltik, so dass die Darmentleerung weitaus häufiger stattfand und sie gründlicher verlief. Ein häufiger Stuhlgang wie früher und auch heute noch bei Naturvölkern üblich – eine Mahlzeit, eine Darmentleerung – minimiert entzündliche Prozesse im Darm, die zu Krebs führen können. Außerdem sinkt bei zahlreichen Stuhlgängen das Risiko für Übergewicht. 

 

Was sind Bitterstoffe? 

Bitterstoffe gehören keiner einheitlichen Stoffgruppe an, ihre einzige gemeinsame Eigenschaft ist die Geschmacksnote „bitter“. Darunter fallen auffallend gesundheitlich wertvolle bioaktive Substanzen wie Phenole, Terpenoide, Glycoside und Purine. Die Sinneszellen für den Geschmackssinn für „bitter“ befinden sich auf dem Zungenrücken, auf dem Gaumen, in der Rachenwand und an der Wangeninnenseite, aber auch im Magen, im Darm und in der Bauchspeicheldrüse! Dort wirken sie günstig auf Appetit, Insulinproduktion und die Verdauung ein. Die Reizweiterleitung für die Bitter-Sinneszellen geschieht durch den 9. Hirnnerv.

Bitterstoffe lösen über Nervenimpulse Verdauungsreflexe aus wie den Speichelfluss zur Verdauung von Kohlenhydraten, die Sekretion von Magensäften zur Verdauung von Eiweiß, die Sekretion der Dünndarmschleimhaut zur optimalen Aufnahme der Nahrung, von Gallensäure zur Emulgierung der Fette und Pankreassaft zur Verdauung von Eiweiß, Fetten und Kohlenhydraten. Sie regen die Motorik des Magens an und sorgen für die Sekretion von Magensäure und Pepsin, wichtig für die Eiweißverdauung. Alle Verdauungsdrüsen bilden eine Einheit. Nehmen wir Bitterstoffe auf, wird ein Kaskadenprozess durch all unsere Verdauungs- und Stoffwechselorgane in Gang gesetzt. Durch Bitterstoffe ausgelöste vermehrte Sekretion von Verdauungsdrüsen beträgt 25 bis 30 Prozent und hält zwei bis drei Stunden nach ihrer Aufnahme an. 

Indem Bitterstoffe die Schleimproduktion fördern, werden neben Enzymen auch Schleimstoffe wie Neuraminsäure vermehrt ausgeschüttet, welche die Mund- und Rachenschleimhaut vor Krankheitserregern wie Viren schützen. Durch die Zufuhr von Bitterstoffen wird sogar das vegetative Nervensystem gekräftigt, was seit 1999 bekannt ist. Durch Bitterstoffe in der Nahrung wird ein langanhaltender Sättigungseffekt ausgelöst, der rund vier Stunden anhält. Auch durch die optimierte Fettverdauung machen Bitterstoffe schlank. 

Eine Fehlbesiedelung des Darms gilt als Haupt-Verursacher vom bauchbetonten Übergewicht oder viszeralem Bauchfett. Bauchfett bildet Substanzen, die das Immunsystem schwächen, zu chronischen Entzündungen führen und zu Bluthochdruck, Thrombosen und Herz-Kreislauferkrankungen. Sanieren wir den Darm und den Verdauungstrakt mithilfe von Bitterstoffen, verschwindet mit der Zeit auch der „Rettungsring“. Ist die Darmschleimhaut intakt, bildet sie ein Milieu, in dem pathogene Keime nicht gedeihen können.

Bitterstoffe aktivieren und stärken die Leber, die mehr Gallensäuren ausschüttet, welche überschüssiges Cholesterin aufnimmt und ausscheidet und so den Cholesterinspiegel senkt, Hauptrisiko für Arteriosklerose und damit Bluthochdruck und Herzinfarkt. Nur, wenn genügend Magensaft und Gallenflüssigkeit bereitgestellt werden, können Vitamine wie Vitamin B12, die fettlöslichen Vitamin A, D, E und K sowie Mineralstoffe wie Eisen ausreichend resorbiert werden. Das Darmhirn kommuniziert via Darm-Hirn-Achse mit dem zentralen Nervensystem und sorgt bei einer gesunden Darmflora für Resilienz, gute Stimmung, gutes Gedächtnis, Konzentration und Lernfähigkeit. Eine Behandlung depressiver Verstimmungen mit Bitterdrogen war über längere Zeit gängige Praxis, und erste Studien bestätigen ihr bedeutsames antidepressives Potential. 

Auch für unser Immunsystem spielen Bitterstoffe eine äußerst wichtige Rolle. Kommen Bitterstoffrezeptoren in Kontakt mit Erregern, werden unterschiedliche Abwehrmechanismen ausgelöst. Die Immunantwort in den Atemwegen wird zum Beispiel durch Bitterstoffe stimuliert, welche letztlich zur Abtötung von gram-negativen und gram-positiven Bakterien führt. 

 

Welche „Bitter-Stars“ der Wildkräuter bringen Hilfe?

Schon unsere Vorfahren nutzten sie als Nährstoffquelle und zur Optimierung von Verdauung und Stoffwechsel: Wald-Wegwarte, wilder Löwenzahn, Brennnessel und Wild-Artischocke. Diese vier Power-Pflanzen regen unsere Verdauung an, befeuern den Stoffwechsel, entgiften und harmonisieren die Darmflora. Eine Studie mit einem Kombi-Präparat aus diesen vier „Bitterpflanzen-Stars“ zeigen, dass das Bauchfett signifikant zurückging, die Anzahl der wöchentlichen Stuhlgänge signifikant zunahm, die Konsistenz des Stuhls sich normalisierte, Blähungen bei fast allen Studienteilnehmern verschwanden, die Teilnehmer der Studie sich geistig und körperlich fitter fühlten, und die etwas übergewichtigen TeilnehmerInnen bei Studienende nach nur sechs Wochen durchschnittlich 4,4 Kilogramm abgenommen hatten (Vergleichsstudie zum Nachweis der Wirksamkeit von Urbitter® Granulat bei Verdauungsschwäche, Blähungen, Verstopfung und Darmdysbiose, Prüfungsleiter Dr. Bernhard Neesen, Bahnhofstraße 26, 49733 Haren). Die Verträglichkeit war gut.

Die Wald-Wegwarte wird bis zu 1 ½ Metern hoch und besticht durch ihre leuchtend hellblauen Blüten, die ein solches Himmelblau haben, dass die Pflanze auch „Wegleuchte“ genannt wird. Es handelt sich um ein magen- und verdauungsstärkendes Wildgemüse mit Bitterstoffen wie Cichoriin, Lactucin, Intybin und Sesquiterpenlactonen. Paracelsus empfahl die Pflanze, um den inneren Alchemisten zu stärken. Der gesundheitsfördernde Effekt auf Leber, Galle, Darmflora und die gesamte Verdauung ist sehr hoch. Die Wegwarte wirkt heilkräftig zur Blutreinigung, bei Fettsucht, Stoffwechselerkrankungen, Nierenbeschwerden, Erkrankungen der Milz, Lebererkrankungen, Gallenleiden, Verdauungsbeschwerden, Übergewicht, Hautunreinheiten, Flechten und Menstruationsbeschwerden. 

Die zweite Pflanze im Gesundheits-Kleeblatt der Bitter-Starks ist der wilde Löwenzahn. Seine Haupt-Inhaltsstoffe bilden die Bitterstoffe wie Sesquiterpensäuren, Taraxacosid und Taraxin. Die Löwenzahn-Bitterstoffe reduzieren einen zu hohen Cholesterinspiegel, optimieren die Verdauung, entgiften sogar Schwermetalle, reduzieren das Krebsrisiko und ziehen Krebszellen aus dem Verkehr, wirken als Immunbooster und senken das Risiko, eine Demenzerkrankung zu entwickeln. Wolf-Dieter Storl: „Der Löwenzahn scheint die Verkörperung der Lebenskraft an sich zu sein.“

Die dritte Pflanze ist die besonders bitterstoffhaltige Wildartischocke. Sie wächst ein bis zwei Meter hoch und blüht mit auffällig großen blauroten Blüten von September bis Oktober. Die Wildartischocke ist extrem bitter, die Blätter enthalten bis zu sechs Prozent Bitterstoffe. Als Lebensmittel und Heilpflanze war sie bereits den alten Griechen bekannt. Als Hauptwirkstoffe wurden die Bitterstoffe Cynarin und Cynaropikrin nachgewiesen. Die Bitterstoffe und Flavonderivate Cynarosid und Luteolin unterstützen die Cholesterinsynthesehemmung und mobilisieren Cholesterin aus dem Gewebe und bringen es zur Ausscheidung. Die Artischocken-Bitterstoffe optimieren die Fettverdauung, senken einen zu hohen Blutzuckerspiegel und beugen Thrombosen vor. Eine Doppelwirkung auf Gallenwege und Leber besitzen nur wenige Heilpflanzen.

Als vierte Pflanze im Glückskleeblatt der gesundheitsfördernden Bitterstoffe finden wir die Brennnessel, Heilpflanze des Jahres 2022. Wegen ihrer Heilkräfte wurde sie schon von den Ärzten der Antike geschätzt. Ihr Inhaltsstoffe, darunter auch Bitterstoffe, bremsen Haarausfall, wirken stimmungsaufhellend, schützen das Gehirn vor degenerativen Erkrankungen, wirken gegen Rheuma, stärken das Immunsystem, optimieren die Verdauung und gelten als potentes Blutreinigungsmittel. Rudolf Steiner nannte die Brennnessel „Königin der Beikräuter“.

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, ermutigte uns Friedrich Hölderlin. Mit dem Herauszüchten der Bitterstoffe haben wir uns gesundheitlich einen Bärendienst erwiesen. Gott sei Dank gibt es noch ursprüngliche, unveränderte Wildkräuter, die hier einen Ausgleich schaffen. Wir können die Heilpflanzen selbst sammeln und trocknen, sie uns als Tee in der Apotheke zusammenmixen lassen, oder uns eine fertige Wildgemüsemischung „Urbitter®“ mit den vier wilden Bitter-Stars von der Firma Dr. Pandalis bestellen. Studien zeigen, dass durch die Zufuhr von Bitterstoffen natürlichen Ursprungs der Teufelskreis von Verdauungsstörungen, bauchbetontem Übergewicht, Demotivation und „ungesunder“ Ernährung durchbrochen wird und das geistige und körperliche Wohlbefinden wächst. Wenn wir unsere Verdauung optimieren und unseren Darm sanieren, entziehen wir vielen Krankheiten den Boden. Wir kommen wieder ins Gleichgewicht und haben die Lebensfreude, Vitalität und Resilienz, die wir in diesen bewegten Zeiten dringend brauchen. 

Lesetipp: Barbara Simonsohn, „Löwenzahn. Wunderkraut für Resilienz und Lebenskraft“, Mankau Verlag.

Siehe auch unter „Wortwelten“.


August - Dezember 2022


Heilen mit Bachblüten

© Foto: Stux auf Pixabay.com
© Foto: Stux auf Pixabay.com

Autorin: Anna Elisabeth Röcker

 

»Heile Dich selbst«, so der Titel eines Büchleins, das Dr. Edward Bach 1931 herausgegeben und »allen leidenden Menschen« gewidmet hat. Er zeigt darin auf, worin er die wahren Ursachen von Krankheit und Leid sieht: in unseren negativen und belastenden Gedanken und Gefühlen. Krank wird der Mensch – so die Überzeugung Bachs – wenn er sich von sich selbst entfernt und gegen sein eigenes inneres Gesetz lebt. Die von ihm entdeckten Blütenessenzen sollen den Menschen wieder auf den Weg zurück zu seinem inneren Zentrum führen und ihn so seinen ureigensten Platz in dieser Welt finden lassen.

 

Die Bedeutung der Eigenverantwortung

Heute ist Bachs Lehre aktueller denn je. Trotz des großen Fortschritts, den unsere moderne Medizin in den letzten Jahren gemacht hat, stehen wir einer Vielzahl von chronischen Krankheiten immer noch hilflos gegenüber. Wir sind aufgefordert, mehr Verantwortung für uns, für unsere Gesundheit und unser Leben zu übernehmen, und uns nicht einfach nur auf Hilfe von außen zu verlassen. Dazu gehört auch, dass wir uns damit beschäftigen, was wir brauchen, um gesund zu bleiben bzw. wie wir verhindern können, dass aus kleineren seelischen oder körperlichen Problemen Krankheit entsteht und unser ganzes Leben aus den Fugen gerät.

 

Körper und Seele als Einheit

Der Entstehung von körperlichen Krankheiten gehen in den meisten Fällen emotionale Belastungen voraus. Die Erkenntnisse aus der psychosomatischen Medizin oder aus der Psychoneuroimmunologie zeigen uns, dass psychische Belastungen sich irgendwann körperlich ausdrücken, wenn sie nicht beachtet werden. Die Bachblüten haben gerade in diesem frühen Stadium eine rasch spürbare Wirkung. Achten Sie also auf Ihre Gemütsverfassung, wenn ein körperliches Symptom auftritt, und suchen Sie danach eine entsprechende Blüte aus.

Üben Sie, öfter eine kleine Pause einzulegen und nachzuspüren, wie Sie sich gerade fühlen. Nicht immer können wir Krankheiten vermeiden, denn wir sind sehr vielen Einflüssen ausgesetzt, die nicht immer zu beeinflussen sind. Greifen Sie also auch dann zu den Blütenessenzen, wenn Sie bereits unter einer Krankheit leiden oder wenn Sie sich in einer medizinischen Behandlung befinden. Die Bachblüten haben sich gerade in der Begleittherapie bei chronischen oder akuten schweren Erkrankungen bewährt (z. B. unterstützend bei Chemotherapie). Die Bachblüten bewähren sich in diesen Zeiten als Seelentröster, sie stärken Hoffnung, Mut und Widerstandskraft. Die 38 Blütenessenzen sollen dem Menschen helfen, aus den belastenden emotionalen Situationen herauszukommen und neue Lebensfreude und Kraft zu entwickeln.

Eine besonders wichtige Rolle spielen die Bachblüten bei Schockzuständen. Das gilt z. B. für den Erhalt einer schlechten Nachricht (z. B. einer Krankheitsdiagnose), für Unfälle, Blackout bei Prüfungssituationen usw. Aus der Traumatherapie wissen wir, dass schon kleinere Schockerfahrungen den Menschen in eine Art Lähmungszustand versetzen können. Die Lebenskraft wird bis auf die Zellebene blockiert, man spricht sogar vom »Einfrieren« der Lebensenergie. Die Abwehrbereitschaf sinkt, es kommt zu emotionalen Verstimmungen, die oft lange anhalten und schwer in den Griff zu bekommen sind. Gerade diesen Kreislauf durchbrechen z. B. die Notfalltropfen aus der Bachblüten-Therapie. Sie bringen blockierte  Emotionen in Fluss und schaffen damit die Voraussetzung, dass wieder ein klarer Gedanke gefasst werden kann.

 

Krankheit und Psyche – ein neues Verständnis

Durch seine umfassenden Forschungen war Edward Bach zu dem Schluss gekommen, dass eine der Hauptursachen für Krankheit in unseren negativen Gedanken und Stimmungen liegt. Heute kann dieser Zusammenhang zwischen Gedanken, Gefühlen und körperlichen Reaktionen, der damals revolutionär erschien, längst wissenschaftlich nachgewiesen werden. Bach geht allerdings etwas weiter, wenn er sagt, dass diese negativen Gemütszustände daher kommen, dass wir nicht dem Weg folgen, den uns unsere Seele  aufzeigt. In seinem Verständnis heißt das, dass wir es immer wieder zulassen, dass sich andere Menschen in unser Leben einmischen, oder dass wir das Leben eines anderen Menschen bestimmen wollen. Selbstbewusstsein und Toleranz anderen gegenüber sind nach Bachs Meinung entscheidend, um ein glückliches Leben zu führen. 

 

Die Wirkungsweise der Bachblüten

»Alles Dasein ist Schwingung«, so lassen sich die Erkenntnisse der modernen Atomphysik zusammenfassen. Jedes Teilchen der Materie ist in Bewegung, jedes Teilchen der Materie schwingt, langsam oder schneller. Alle unsere Zellen schwingen, alles in der belebten und unbelebten Natur ist, wie man seit Nils Bohr und Werner Heisenberg weiß, über irgendeine Art von Schwingung definiert. In der Musik ist uns das am auffälligsten. Schon etwas schwerer nachvollziehbar ist die Vorstellung, dass sich jede Pflanze in der ihr eigenen Schwingung befindet. Edward Bach, der die Welt der Heilpflanzen kannte wie kaum ein anderer, konnte die Wirkung der von ihm gefundenen Pflanzen am eigenen Leib fühlen, konnte ihre Kräfte als Vibrationen spüren.

 

Die Blüte – das Zentrum der Pflanzenenergie

Die größte Konzentrierung dieser Schwingungen spürte Edward Bach in der Blüte. Sie ist für ihn außerdem eine Art Signum der Pflanze, ein Erkennungszeichen höchster Individualität. In der Blüte zeigt die Pflanze ihre typische Farbe, Form und ihren individuellen Duft. Diese besondere Schwingung, die in der Pflanze im Überfluss vorhanden ist, gibt sie an den Menschen weiter und bringt ihn damit in eine höhere Schwingungsebene.

So können Defizite ausgeglichen werden, die durch negative Gemütszustände entstanden sind, und die bis in die Zellebene wirken und die Ordnung stören. Die spezifische Heilkraft der von ihm gefundenen 38 Blüten hat Edward Bach intuitiv herausgefunden, jetzt musste es ihm nur noch gelingen, diese Heilkräfte »einzufangen«.

Zunächst tat er das dadurch, dass er den Tau von der Blüte sammelte und ihn in kleine Fläschchen abfüllte. Später entwickelte er die sogenannte Sonnenmethode: Die Blüten werden beim Höchststand der Sonne auf Wasser ausgelegt und somit der Sonnenstrahlung ausgesetzt. Auf diesem Weg wird die Kraft der Blüte ins Wasser übergeführt.

 

Die harmonisierende Wirkung der Blüten

Negative Gedanken oder Gefühle können sich derart manifestieren, dass sich unser ganzer Alltag nur noch darum dreht und wir uns komplett verunsichert fühlen. Würden Sie sich eine solche Situation als ein Schwingungsmuster vorstellen, sähe das wohl sehr chaotisch aus. Wenn Sie z. B. nun die entsprechenden Blüten einnehmen würden, könnten Sie spüren, wie Sie langsam ruhiger werden und wieder in Kontakt mit sich selbst kommen. Die Pflanzen haben das chaotische Schwingungsmuster, das in uns wirkt und Seele und Körper verunsichert, sozusagen mit ihrer speziellen Schwingung wieder harmonisiert.

 

So finden Sie die richtige Blüte

Fragen Sie sich zunächst, welches Thema Sie mithilfe der Bachblüten bearbeiten möchten. Schon mit der Klärung, für welchen Bereich Ihres Lebens Sie die Kraft der Blüten nutzen möchten, beginnt ein Prozess, in dessen Verlauf Sie sich besser kennenlernen, und damit arbeiten Sie bereits an dem gewünschten Thema. Das Nachdenken über Ihre »Sorgen« bringt Sie in Ihrer Suche nach der richtigen Blüte weiter.

 

Textauszug aus „Heilen mit Bachblüten“ von Anna Elisabeth Röcker mit freundlicher Genehmigung des Mankau Verlages.
Siehe auch bei „Wortwelten“.


April - August 2022


Die Heilkraft der Brennnessel – denn das Gute liegt so nah!

© NickyPe – Pixabay.com
© NickyPe – Pixabay.com

Autorin: Barbara Simonsohn

 

Die Brennnessel wurde schon bei den alten Ägyptern, Griechen und Römern als Heilpflanze gegenüber allerlei Gebrechen, zur besseren Wundheilung und bei Geschwüren verwendet und hochgelobt. Für die Germanen war sie so heilig, dass sie sie dem Gott Donar widmeten und beim Pflücken Zaubersprüche aufsagten. Hildegard von Bingen ehrte und verehrte sie, bei Paracelsus und Kneipp stand sie aus guten Gründen hoch im Kurs, und Rudolf Steiner bezeichnete sie als „Königin der Beikräuter.“ Bei uns erlebt das vitalstoffreiche Beikraut gerade eine Renaissance. Die Brennnessel wurde gerade zur „Heilpflanze des Jahres 2022“ gekürt. Weil sie überall wächst und für so vieles gut zu gebrauchen ist. 

 

Meine Großmutter war kräuterkundig. An einem frühen Sommermorgen beobachteten meine Schwester und ich einen silbrigen Schleier, der durch die Luft wehte. Das ist die Hochzeit der Brennnessel, erklärte unsere Oma. An sonnigen Morgen rund um Johanni leeren sich explosionsartig die männlichen Samenhülsen und erreichen die weiblichen Blüten, um sie zu befruchten. Weder Insekten noch Wind ist dafür nötig. Dies ist für mich ein Hinweis auf die Vitalität dieser Pflanze, die zwar wehrhaft ist, aber selbst durch ihre Stiche hilft bei Rheuma und Gelenkbeschwerden und eine Injektion von Serotonin ins Blut schießt, also sogar stimmungsaufhellend wirkt. 

Kaum eine Pflanze hat eine derartige Vitalstoffdichte. Die Brennnessel nimmt es dabei locker mit exotischen Superfoods auf. Sie enthält konzentriert genau die Stoffe, die wir brauchen: hochwertiges Eiweiß, Eisen, Chlorophyll, Vitamine und wertvolle Polyphenole, Mineralstoffe und Spurenelemente. Das Superfood der Extraklasse enthält 30-mal mehr Chlorophyll als Kopfsalat und damit mehr als jede heimische Pflanze. Chlorophyll wirkt antibakteriell, bremst Körpergerüche aus, bekämpft freie Radikale, sorgt dafür, dass das Herz gesund bleibt, stärkt das Nervensystem, sorgt für eine gesunde Blutbildung, optimiert den Stoffwechsel, optimiert die Sauerstoffversorgung von Zellen und Gehirn, beugt Entzündungen vor, schützt vor Strahlenschäden durch UV-Licht und Röntgenstrahlen, stärkt das Immunsystem, fördert die Darmgesundheit, senkt einen zu hohen Cholesterinspiegel, optimiert die Reparaturarbeiten im Körper wie zum Beispiel bei der Wundheilung und bei Verbrennungen und bekämpft krankmachende Viren und Pilze. Es handelt sich also um einen wahren Tausendsassa für unsere Gesundheit. Aus der Brennnessel werden Chlorophyllpräparate hergestellt.

 

Die Superlative gehen weiter. Die Brennnessel, hier die Blätter, enthält 50-mal so viel Eisen wie Kopfsalat und immerhin doppelt so viel wie Rindfleisch, 6-mal so viel Vitamin C wie in Zitronen, 5-mal so viel Protein wie in Avocados, 40 Prozent mehr hochwertiges Eiweiß wie in Soja und das Dreifache an antioxidativem Potential wie Vitamin E. Das ist für eine unscheinbare Pflanze, die fast überall zu finden ist bis zu magerem Boden, schon sehr beachtlich, finde ich. 

Die Brennnesselblätter enthalten so ziemlich alles, was wir für gesunde und vitalstoffreiche Ernährung benötigen. Darunter findet sich Protein mit einer hohen Bioverfügbarkeit, Ballast- und Mineralstoffe, langsam verstoffwechselte Kohlenhydrate wie Polysaccharide, gesunde Fette, Vitamine, bioaktive Substanzen oder Pflanzenbegleitstoffe. Die Brennnessel enthält allein 13 Vitamine, darunter Betacarotin, das vom Körper nach Bedarf in Vitamin A umgewandelt wird und antioxidativ wirkt. Phytosterole senken den Cholesteringehalt im Blutplasma und wirken krebshemmend. Das Eiweiß ist Bestandteil jeder Zelle und wichtig für den Gewebeaufbau. Besonders beeindruckend ist die Konzentration an Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink und Phosphor. Frisches Brennnesselkraut besteht etwa zu 3,5 Prozent aus Mineralstoffen und Spurenelementen, die getrockneten Blätter und Stängel sogar bis zu 20 Prozent. Die Kieselsäure in der Brennnessel schenkt Bindegewebe, Haar, Haut, Knochen und Blutgefäßen Gesundheit. Sie liefert den Baustein Silizium und kann im Gegensatz zu handelsüblichen Präparaten bestens verwertet werden. Die Brennnessel hat – neben dem Schachtelhalm – den höchsten Gehalt an löslicher Kieselerde. Während die Kieselerde in dieser Pflanze zu mehr als 95 Prozent resorbiert wird, sind es bei Präparaten nur 1 bis 2 Prozent. Kalzium – 713 Milligramm pro 100 Gramm – mineralisiert Zähne und Knochen und erhöht die Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen. Zum Vergleich: Schweizer Käse enthält nur 10 Milligramm pro Hundert Gramm. Das Mangan in der Brennnessel beugt Arthritis vor und ist wichtig zur Herstellung der stimmungsaufhellenden Botenstoffe Dopamin und Serotonin. Das Magnesium in den Blättern sorgt für ein starkes Herz und beugt Nervosität vor. Magnesium gilt als „Anti-Stress-Mineral“. Der Schwefel in der Brennnessel entgiftet den Organismus, fördert die Durchblutung und ist wichtig für den Aufbau von Haut, Nägeln und Haaren. 

© Karolin Baitinger - Unsplash.com
© Karolin Baitinger - Unsplash.com

Bisher war nur von Brennnesselblättern die Rede. Auch die Samen, die man ab Ende Juli ernten kann, sind eine Vitalstoffbombe erster Güte zum Beispiel aufgrund ihrer wertvollen Fettsäuren und ihres Chlorophylls. Auch die Wurzeln sind heilkräftig. Aus ihnen macht man Präparate, die das gutartige Wachstum der Prostata bremsen und Entzündungen reduzieren können. 

Was die Volksmedizin schon seit langem weiß, wird durch neue wissenschaftliche Studien bestätigt. Brennnesseln und Produkte daraus wirken prophylaktisch und therapeutisch bei Asthma, Allergien, Abszessen, grammpositiven und grammnegativen pathogenen Bakterien, hilft bei Entgiftung oder Detox auch bei der Ausleitung von Schwermetallen, beugt Erschöpfung vor, hilft bei Gallenleiden und Grippe, bekämpft erfolgreich Frühjahrsmüdigkeit zum Beispiel in Form der Neun-Kräuter-Suppe, bekämpft hormonell bedingten Haarausfall, hilft bei Husten und sogar Ischias, stärkt das Immunsystem, hilft bei Konzentrationsschwäche, beugt Krebserkrankungen vor, hilft bei Magenbeschwerden und Milzleiden, bekämpft erfolgreich Nagelpilz und Ekzeme sowie Pickel und Schuppenflechte, hilft bei Schlaflosigkeit und Stress, lindert Trigeminusneuralgie, hilft bei Menstruationsbeschwerden und beugt Wechseljahresbeschwerden vor, bekämpft Vaginalpilz und Viruserkrankungen. Man kann aus der Brennnessel Haupt- und Haarpflegeprodukte selbst herstellen, einige gibt es schon zu kaufen. Sie können sogar mit Brennnesseln Lebensmittel oder Kleidungsstücke färben und Garn zum Stricken oder Häkeln herstellen oder Körbe aus Brennnesselfasern flechten. Ich habe noch nie einen so langen A-Z-Teil in einem Buch über Heilpflanzen geschrieben wie in meinem Buch „Brennnessel“, so vielseitig sind die Anwendungen innerlich und äußerlich. Durch die Rezepte für Kräuterelixiere, Salben, Shampoos, Badezusätze, Räucherwerk, Kuren und Packungen können Sie selbst zur „Kräuterhexe“ oder „Kräuterhexerich“ werden. Brennnesseln lassen sich denkbar leicht ernten und verarbeiten und bescheren einem dadurch von Anfang an Erfolgserlebnisse. Außerdem kosten sie nichts.

 

Auch Gartenliebhaber kommen mit der Brennnessel voll auf ihre Kosten. Ein Sud stärkt das Immunsystem von Zimmer- und Gartenpflanzen, eine Jauche wirkt als Langzeitdünger, und auch als harmloses Mittel können Sie mit Brennnessel Läuse und Schnecken vertreiben, ohne sie zu töten. Wer mit Brennnesseln mulcht oder seinen Kompost behandelt, fördert die Fruchtbarkeit im Garten. Auch Tierliebhaber kommen in meinen Augen an der Brennnessel nicht vorbei. Sie ist Wirtspflanze von mehr als 20 Tagfaltern beziehungsweise ihren Raupen. Ins Futter gemischt, profitiert die Gesundheit von Katzen, Hunden, Pferden und Vögeln. Hühner legen mehr und schmackhaftere Eier, und Kühe geben mehr Milch. Unsere Katze ist schon fast 17 Jahre alt, und sie war dank Reiki und Brennnesselpulver erst ein Mal beim Tierarzt. 

 

Die Brennnessel sollte auch in der Gourmet- und Gesundheitsküche einen festen Platz bekommen. Brennnesselsuppe oder –Spinat sind Delikatessen, aber auch Brennnessel-Quiche. Brennnesselsamen schmecken gut im Müsli, und die Blätter machen aus jedem Smoothie einen Power-Drink. In meinem Buch finden Sie ein Rezept, wie Sie Bier aus Brennnesseln selbst herstellen können oder auch Nessel-Pesto und Brennnessel-Kekse. Zum Einstieg können Sie einfach Spinat mit Brennnesselblättern ersetzen. Brennnesseln schmecken nicht nur aromatischer, sondern sind auch viel gesünder. 

Die Brennnessel ist eine Vitalstoffbombe erster Güte und ein Gesundheitselixier ohnegleichen zur Vorbeugung und Therapie von Krankheiten jeder Art. Für mich ist sie wie vom Himmel gefallen in unserer modernen Zeit voller Stress, Umweltgiften und anderen Belastungen. Für jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen, könnte man ändern in: für jede Krankheit ist EIN Kraut gewachsen!

 

Barbara Simonsohn, „Brennnessel“, Mankau Verlag, siehe auch unter „Wortwelten“.

Brennnesselprodukte z.B. über www.kasimirlieselotte.de  


2021


August - Dezember 2021


Sackgasse Helfermentalität

© Foundry Co – pixabay.com
© Foundry Co – pixabay.com

Autorin: Dr. Christina Barbara Petersen

 

In keinem anderen Bereich verkaufen sich so viele Menschen unter Wert wie im sozialen. Lange Zeit habe ich mich gefragt, warum Mediziner (oder auch Mitarbeiter in anderen sozialen Berufen wie z. B. Pfleger, Sozialarbeiter usw.) das mit sich machen lassen. Klar, Gesundheit ist das höchste Gut, und man kann die Arbeit am Menschen nicht mit Büroarbeit vergleichen, vor allem deshalb ist ein Verweigern oder Nicht-Antreten des Dienstes aus moralischer Sicht nur schwer zu rechtfertigen. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass ein Großteil des medizinischen Personals seine eigenen Bedürfnisse weder erfüllt noch wahrnimmt. So bin ich auf das Thema Arztgesundheit gestoßen, und mir ist klar geworden, dass viele Mitarbeiter im medizinischen System eine besondere Persönlichkeit haben. Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, dass ich von einer in Stein gemeißelten Tatsache spreche. Vielmehr geht es mir um meine eigenen Erfahrungen und Eindrücke, die ich im Laufe meiner mittlerweile 35 Jahre im Kontakt mit anderen Menschen gesammelt habe.

 

Der Begriff »Helfersyndrom« geht auf den Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer zurück, der bereits 1977 in seinem Buch »Hilflose Helfer« davon berichtete. Ein vom Helfersyndrom Betroffener ist mit seiner Aufmerksamkeit nicht bei sich selbst, sondern bei den Befindlichkeiten seiner Mitmenschen. Wenn er einem Kranken hilft, geht es ihm besser. Das Helfen bzw. Gebraucht-werden-Wollen wird zur Sucht. Laut dem Modell von Schmidbauer hat ein vom Helfersyndrom Betroffener ein geringes Selbstwertgefühl und ist auf seine Helferrolle fixiert. Die Hilfsbereitschaft geht bis zur Aufopferung und Vernachlässigung der eigenen Gesundheit, Hobbys, Familie und Freunde. Dadurch kann es zum Burn-out oder zur Depression kommen. Zu den Risikogruppen zählen die genannten Personen, die dann gehäuft zur entsprechenden Berufswahl greifen. Den Persönlichkeitsstrukturen liegen häufig biografische Erfahrungen zugrunde, die den Eigenwert des Betroffenen infrage stellen.

 

Menschen mit einer Helfermentalität wählen aus folgendem Grund häufig unterbewusst einen Helferberuf: Wenn sie immer nur bei den Bedürfnissen der anderen sind, müssen sie ihre eigenen »Themen« nicht sehen, es erlaubt ein »Ausblenden« der eigenen »Baustellen«.

 

Das Bedürfnis zu helfen ist grundsätzlich etwas Positives und ein natürlicher und gesunder menschlicher Wert. Das gilt auch dann, wenn zeitweilig eigene Interessen hintangestellt werden. Es gilt, eine gesunde Balance zwischen Geben und Nehmen zu entwickeln und beim Helfen auch die eigenen Wünsche, körperlichen Bedürfnisse und Grenzen sowie auch den Nutzen und die Bedürfnisse desjenigen, dem man Hilfe zukommen lässt, zu beachten. Verliert der Helfende das Bedürfnis des anderen wie auch seine eigenen Wünsche, Ziele und körperlichen Grenzen aus dem Blick und hilft vor allem deshalb, um die eigene Person aufzuwerten, wird sein Helfen pathologisch.

 

Während solidarische Hilfe sich am Nutzen des Hilfeempfängers orientiert, ist pathologische Hilfe auf unbewusste psychologische Bedürfnisse des Helfers ausgerichtet.2 Meist wird das Muster, sich von der Anerkennung durch andere abhängig zu machen, bereits in der Kindheit erlernt. Betroffene halten sich nur dann für liebenswert und wertvoll, wenn sie sich opfern und dafür Bestätigung durch andere bekommen und so eine Aufwertung ihres Selbst erfahren (Märtyrerrolle). Dabei verlernen sie, ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und körperlichen Grenzen zu sehen wie auch selbst Hilfe anzunehmen.3 Ein wirksamer Helfer, im Sinne eines reifen und partnerschaftlichen Verhaltens, wird dem Opfer »nur« zur Selbsthilfe verhelfen. Falls notwendig, wird er das Opfer auch aus der Schusslinie nehmen, aber ihm immer nur so weit Hilfe geben, bis die Person sich wieder selbst helfen kann.

 

Das Thema Arztgesundheit rückte erst im Jahre 2017 durch eine Fortbildung der Ärztekammer zu diesem Thema, die von Herrn Professor Dr. med. Braun und Herrn PD Dr. Langs gehalten wurde, in meinen Fokus. Den Begriff der Arztgesundheit gibt es noch gar nicht so lange, und im Internet ist nicht viel dazu zu finden. Daraus leite ich ab, dass die Begrifflichkeit erst in das Bewusstsein der Menschen rücken muss. Das kann etwas Zeit in Anspruch nehmen. Meines Erachtens ist das Thema sehr wichtig. Denn die Ärzte befinden sich nach wie vor in einer Schlüsselposition und erfüllen eine Vorbildfunktion. Deshalb stellen sie bildlich gesehen die Wurzel dar. Wenn die Wurzel einer Pflanze nicht gesund ist, kann die ganze Pflanze nicht gesund sein. Deshalb ist es so unglaublich wichtig, an der Wurzel anzusetzen und den Ärzten wieder zu mehr Gesundheit zu verhelfen, damit wir alle davon profitieren.

 

Ich habe bei einigen Ärzten (und auch anderem medizinischem Fachpersonal) besondere Persönlichkeitsmerkmale festgestellt, die gehäuft auftreten:

• Hoher Selbstanspruch

• Perfektionismus

• Hohe Leidensbereitschaft

• Mangelnde Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge

• Ausgeprägte Empathie und fehlende Abgrenzung

• Großes Verantwortungsgefühl

• Neigung zu schlechtem Gewissen und Schuldgefühle

 

Die Kombination dieser Eigenschaften in Verbindung mit den immer höher werdenden Anforderungen der Arbeit führt dazu, dass Ärzte anfällig dafür sind, sich selbst nicht wahrzunehmen und sich für andere aufzuopfern. So sind sie wenig bei sich und ihren eigenen Bedürfnissen, dafür mehr im Außen und bei den Bedürfnissen der anderen. So verlieren sie das Gefühl zum eigenen Körper, d. h. sie akzeptieren die eigenen Bedürfnisse nicht, sondern kämpfen dagegen an. Sie haben nicht gelernt, die körpereigenen Signale wahrzunehmen, und sind viel zu sehr im Kopf. Das führt dementsprechend schneller zur Selbstaufgabe, einer Verausgabung der eigenen Kräfte und damit zum Burn-out. Dieser Prozess wird durch die aktuelle Situation des Fachkräftemangels noch verstärkt.

(…)

Lösungsansätze

Wir als Mediziner haben die Chance, diese Situation zu nutzen und unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Wir können über das Thema sprechen. Damit meine ich keinen Jammerklub, sondern konstruktive Diskussionen zu den Themen mit lösungsorientierten Vorschlägen zur Verbesserung. Wir können die Aufklärung selbst angehen, also mit offenen Karten spielen, offen kommunizieren und unseren Patienten mehr Eigenverantwortung zurückgeben. Wir können Hilfe zur Selbsthilfe lehren, anstatt die Patienten in einer Abhängigkeit zu halten.

 

Wir können reflektieren – also statt mitzumachen, was seit Jahren »eben so gemacht wird«, können wir hinterfragen und neue Ideen einbringen. Wir können nach vorn blicken und aus unseren Fehlern lernen. Wir können eine Kultur der Wertschätzung und gegenseitigen Fürsorge einführen: Wir dürfen uns wieder wertschätzen und anerkennen, dass wir selbst die wichtigsten Menschen in unserem Leben sind. Wir können uns vom Mythos abkehren und dürfen Schwäche zeigen. Wir können lernen, wieder auf unseren Körper zu hören und die Signale wahrzunehmen, statt sie zu bekämpfen. Wir können herausfinden, was wir selbst eigentlich wollen und was unsere Grundbedürfnisse sind. Wir können lernen, uns abzugrenzen und Nein zu sagen, wenn eine Grenze erreicht ist. Wir können regelmäßige ungestörte Pausen einfordern. Wir können uns einen Mentor für psychisch herausfordernde Fälle und einen Hausarzt suchen. Durch Achtsamkeit, Meditation und Yoga können wir die Stressantwort des Körpers regulieren. Atemübungen, Bewegung an der frischen Luft und die gezielte Steuerung der Gedanken schaffen eine emotionale Distanz in krisenhaften Situationen. Mittlerweile bieten auch gewisse Krankenkassen Stressbewältigungskurse an – auch online (höre dazu auch gerne mal in meinen Podcast rein).

 

Wir können klare Vorgaben des Arbeitgebers bei Krankheit einfordern und Ideen für Maßnahmen zur Gesundheit am Arbeitsplatz einbringen (wie z. B. Gruppentraining zur Verbesserung der Stressbewältigung, Angebote für Prävention). Wir können Entscheidungen treffen, anstatt abzuwarten: Kaum etwas setzt den Körper stärker unter Stress als Kontrollverlust und das Gefühl, machtlos zu sein. Doch genau in dieser Position verharren viele und wünschen sich einen Zauber, der sie aus der Situation befreit.

 

Dabei hast du in jedem Augenblick die Wahl: Du kannst aus der Opferhaltung aussteigen, wieder Verantwortung übernehmen und aktiv werden. Anzufangen und einen Plan zu erstellen lässt positivere Gefühle frei als das Ausharren in der Opferhaltung.

 

Dr. med. Christina Barbara Petersen (geboren 1985) ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Ärztin für Traditionelle Chinesische Medizin; in ihrer eigenen Praxis in Eutin begleitet sie Patienten, die durch negative Glaubenssätze blockiert und chronisch krank geworden sind.

 

Textauszug aus „Intuitiv gesund“ von Dr. med. Christina Barbara Petersen mit freundlicher Genehmigung des Mankau Verlags.
Siehe auch bei „Wortwelten“.

 


April -August 2021


Naturkraft aus Pflanzen: So wirken Bitterstoffe

© Gutsmiedl Natur-Produkte GmbH
© Gutsmiedl Natur-Produkte GmbH

Hildegard von Bingen erkannte als Heilige und Universalgelehrte bereits vor rund 1000 Jahren, dass bittere Lebensmittel unseren Ernährungsplan bereichern und essenziell für unseren Körper sind. Als natürlicher Bestandteil vieler Pflanzen wie Rucola, Limette und Grapefruit bergen Bitterstoffe eine Vielzahl an positiven Eigenschaften. Trotz des hohen Stellenwertes, den eine gesunde Ernährung in der heutigen Gesellschaft besitzt, ist es in den westlichen Industrienationen meist nicht mehr möglich, ausreichende Mengen an Vitalstoffen – insbesondere Bitterstoffen – allein über die Nahrung aufzunehmen. Immer mehr Menschen integrieren deshalb Bitterkräuter wie Arnika, Brennnessel oder Kurkuma in ihren täglichen Speiseplan, um von der gesundheitsfördernden und entschlackenden Wirkung zu profitieren.

 

Der einzigartige Wirkkomplex pflanzlicher Bitterstoffe

 

Bitterstoffe sind als natürlicher Bestandteil in vielen Pflanzen zu finden – zugunsten des milderen Geschmacks wurden sie im Laufe der Zeit jedoch aktiv aus unseren Lebensmitteln herausgezüchtet, wodurch das gesamte Geschmacksgefüge des modernen Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Besonders in der Naturheilkunde gelten Bitterstoffe jedoch bereits seit Jahrhunderten als „Allheilmittel“: Sie besitzen für den Körper essenzielle bioaktive Funktionen und können direkten Einfluss auf die Stoffwechselvorgänge des Organismus haben. So können sie etwa die Verdauungsdrüsen wie Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse aktivieren sowie durch die vermehrte Ausschüttung von nahrungsspaltenden Enzymen zu einer schnelleren und vollständigeren Verdauung von Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten beitragen. Bitterstoffe werden deshalb häufig zur Bekämpfung von Blähungen und Verstopfungen sowie zur Entgiftung des Körpers eingesetzt. Nicht nur auf der Zunge, auch im Darm finden sich Bitterrezeptoren, die durch die Aufnahme von Bitterstoffen angeregt werden und sich somit insbesondere positiv auf den Verdauungstrakt auswirken können. Ihre entsäuernden Eigenschaften können zusätzlich bei Sodbrennen und einem Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts helfen. Das Wirkungsspektrum bitterer Pflanzen-Inhaltstoffe erstreckt sich darüber hinaus auch auf das Herz-Kreislauf- und Nervensystem sowie die Harnwege: Aufgrund ihrer antibakteriellen, Kreislauf stabilisierenden und Blut reinigenden Wirkung gelten viele Bitterkräuter als „Universalheilmittel“ und Booster für die Immunabwehr. 

Auch zur Stärkung der Knochen und Gelenke können Bitterstoffe einen Beitrag leisten. Essenzielle Spurenelemente und Mineralstoffe wie Calcium und Magnesium können nur bei einer ausreichenden Magensaftproduktion vom Körper aufgenommen werden – Bitterstoffe sorgen für eine Regulierung ebendieser. Die Bitterrezeptoren auf der Haut machen Kräuter wie Arnika und Beinwell auch für Cremes und Salben interessant: Durch ein Andocken der Bitterstoffe an die Rezeptoren können ein Calcium-Einstrom in die Hautzellen bewirkt und somit die Knochen gestärkt werden. 

 

Die beliebtesten Bitterkräuter

 

Ob in Form von Lebensmitteln, Tropfen und Konzentraten, Tees oder durch äußerliche Anwendung von Cremes und Salben – Bitterstoffe können bei vielerlei Beschwerden Abhilfe schaffen und zu einer natürlichen Heilung beitragen. So gilt unter anderem die Angelikawurzel aufgrund ihrer antibakteriellen, Kreislauf stabilisierenden und Blut reinigenden Wirkung als Universalheilmittel und kann beispielsweise zur Bekämpfung von Leberschwäche, Magenkrämpfen oder Verdauungsbeschwerden eingesetzt werden. Auch die Artischocke zählt zu den wichtigen Arzneipflanzen: Aufgrund des hohen Gehalts an Bitterstoffen in den Blättern und Wurzeln wird diese in der Naturheilkunde als Regulator für die Verdauung und Blutfettwerte angesehen. Häufig als Gewürz eingesetzt, kann Ingwer durch sein verdauungsförderndes Enzym die Nährstoffaufnahme aus dem Darm fördern und ebenfalls entgiftend und hustenstillend wirken. Zudem werden Kardamom – in Indien als „König der Gewürze“ bekannt – auch antimykotische, antibakterielle und virustatische Eigenschaften zugesprochen. Mariendistelkraut wird unter anderem zu therapeutischen Zwecken von entzündlichen Lebererkrankungen herangezogen und zudem gegen Beschwerden wie Migräne, Gallenprobleme oder Krampfadern eingesetzt. 

Die bitteren Bestandteile der Kräuter zählen dabei nicht zu den Nährstoffen, sondern gehören zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, in der sie eine eigene Wirkstoffklasse bilden. Ähnlich wie primären Pflanzenstoffen – darunter Eiweiß, Fette und Kohlenhydrate – kommen diesen Stoffen ebenfalls wichtige bioaktive Funktionen zu. Die Äbtissin Hildegard von Bingen erkannte die gesundheitsfördernde Bedeutung der Bitterstoffe bereits vor vielen Jahrhunderten und machte diese zu einem wichtigen Bestandteil der Kloster- und Heilmedizin. Neben dem direkten Verzehr von bitteren Gemüsesorten oder Bitterkräutern können die Pflanzenstoffe dem Körper beispielsweise in Form einer Mischung aus unterschiedlichen Kräutern und Gewürzen zugeführt werden. Als Ergänzung zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung können auch Bittertropfen und -Konzentrate zur Aufnahme von Bitterstoffen genutzt werden.

 

Mehr zum Thema: www.gutsmiedl.de und hier.


Dezember 2020 - April 2021


Die instabile Halswirbelsäule und ihre Auswirkung

Bild: Sergey G. auf Pixabay.com
Bild: Sergey G. auf Pixabay.com

Autorin: Ursula Starke

Nichts bestimmt unsere Lebensqualität mehr, ob wir uns in unserem Körper wohl und gesund fühlen. Akute und chronische Schmerzen, Probleme des Bewegungsapparates können unser Wohlbefinden stark einschränken.

 

Die menschliche Wirbelsäule (WS) ist wie ein Turm aus Holzbauklötzchen aufgebaut. Sie ist das tragende Element unseres knöchernen Skeletts und besteht aus 24 Wirbelkörpern, hält den Körper aufrecht und trägt den Kopf, Rumpf und Arme. Durch alle Wirbel hindurch führt der Wirbelkanal, der das Rückenmark beherbergt und Nervenimpulse zu den Schalt- und Steuerzentren im Gehirn und den ausführenden Organen weiterleitet.

Die Halswirbelsäule (HWS) ist der obere Teil der Wirbelsäule und besteht aus sieben Wirbelkörpern. Als Bindeglied zwischen Schädel und Wirbelsäule ermöglicht sie Dreh- und Nickbewegungen und schützt das Rückenmark zur Blutversorgung des Gehirns.

 

Die beiden oberen Halswirbel sind untrennbar miteinander verbunden. Der 1. Halswirbel - Atlas - ist ein knöcherner Ring mit zwei Gelenkflächen, mittig liegt die Austrittsöffnung (Nadelöhr) des Rückenmarks. Der darunter liegende 2. Halswirbel - Axis verfügt bereits über einen Dornfortsatz und einen Wirbelkörper, DENS genannt, der nach oben in den knöchernen Bogen des Atlas hineinragt und die Verbindung zwischen Atlas und der restlichen Wirbelsäule bildet. Die beidseitig angeordneten Gelenkflächen treffen direkt aufeinander, da hier keine Bandscheibe als Puffer zwischen Atlas und Schädel liegt. Ebenso ist zwischen Atlas und Axis keine Bandscheibe. Ab dem 3. Halswirbel ist der Aufbau der Wirbelsäule gleichbleibend, Wirbelkörper und Bandscheibe im Wechsel bis hinunter zum Kreuzbein. Zur Stabilisierung dienen seitliche Muskeln und Bänder.

 

Die Versorgung des Gehirns über Blutbahnen und Nervenstränge ist nur gewährleistet, wenn der Atlas in Balance steht. Der oberste Halswirbel ist bei den meisten Menschen „schief“ oder blockiert. Die Zusammenarbeit von Atlas und Axis ist nicht mehr exakt gegeben. Der DENS beginnt zu „tanzen“ und die Versorgung des Gehirns ist gestört. Durch Einengung, Quetschung oder Nerveneinklemmung empfängt das Gehirn falsche Informationen. Das führt zu Chaos im Körper. Infolgedessen können sich muskuläre Verspannungen, Schiefhaltung, Beinlängendifferenz, Schulterprobleme oder auch Schwindel, Sensibilitäts- oder Sehstörungen und vieles mehr einstellen. Reiben die knöchernen Strukturen länger aneinander, können sich an den Wirbelkörpern die ersten Verschleißerscheinungen zeigen. Eine Verschiebung des Atlas gleicht die WS mit einer Rotation bis zum Kreuzdarmbeingelenk (ISG) aus. Das kann die Psyche manchmal aus dem Gleichgewicht bringen. 

 

Eine Dislokation des Atlas nimmt großen Einfluss auf unseren gesamten Körper und alles was das Gehirn steuert. So ist auch bei Sprachstörungen, Asthma, Trigeminus-Neuralgien, Kiefergelenksprobleme, ISG-Blockaden an eine Atlasblockierung zu denken. Nach Aussagen von Louise L. Hay kann die Verschiebung des obersten Halswirbels Angst, Nervosität, Verwirrung, Schlaflosigkeit bis hin zu Depressionen auslösen.

 

Weitere mögliche Ursachen eines blockierten Atlas sind im täglichen Alltag zu finden: Geburtstrauma wie die Zangengeburt, Zahnspange, Fehlbiss, nach OP mit Vollnarkose, jeglicher Sturz auf Kopf oder Hintern wie beim Übersehen einer Treppenstufe, Fahrradsturz, Ausrutschen auf nassen Fliesen. Auch Fehlhaltungen durch zu langes Sitzen am PC und der typische Auto-Auffahrunfall können den wichtigen Atlas verschieben. Durch ein unsanftes Aufkommen des Körpers und den Aufprall auf das Steißbein zieht sich die ganze Kraft des Sturzes weiter hoch durch den gesamten Körper bis hin zum Kopf, zu den Genickgelenken. Da diese keine schützenden Bandscheiben haben bewegt sich der Kopf über seine natürlich vorgesehene Bewegungsmöglichkeit hinaus und es kann zu Einrissen der stabilisierenden Bänder am Axis kommen, was die HWS instabil werden lässt.

 

Egal ob das Herz und der Puls schneller schlägt, die Atmung beschleunigt ist, die Durchblutung der Muskulatur verstärkt, der Riech- und Sehsinn beeinträchtigt wird, und gleichzeitig aber die Magen-Darmtätigkeit ihre Arbeit verlangsamt - immer sind zahlreiche Nerven beteiligt und eine Fehlstellung des Atlas ist nicht auszuschließen. Da ist z.B. der wichtigste Vagusnerv (Selbstheilungsnerv), größter Nerv des parasympathischen Systems, der an der Regulation fast aller inneren Organe beteiligt ist. Bei größeren Belastungen und Fehlhaltungen reagiert er sehr empfindlich und deutet das mit Sensibilisierungsstörungen an. Gleichzeitig ist er fähig als Heiler zu fungieren und reguliert und gleicht Dysbalancen im Körper aus. Gleichgewichtsstörungen können Auswirkungen auf stark gereizte Nerven haben. 

Ebenso beteiligt ist das vegetative Nervensystem, der Sympathikus, der sich beidseitig am Hals hinab zieht und weitere Nervengeflechte im Körper mit all seinen Organen verbindet. 

 

Nährstoffe, Mineralien , Spurenelemente und Vitamine braucht der Mensch zum Überleben. Der Körper scheidet bei einem angeknacksten Nacken Mineralstoffe aus, was sich u. U. in Muskelkrämpfen, Herzrhythmusstörungen zeigt. Die Mitochondrien, Kraftwerke unserer Zellen zur Energiegewinnung und Entgiftung nehmen eine nicht unwichtige Rolle bei der Atlasfehlstellung ein. Dieses bleibt leider bei Problemen mit der HWS oft unerkannt. 

 

Es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten zur Korrektur der Atlasfehlstellung mit speziellen Geräten, über manuelle Therapie bis hin zur OP.

Weitere Möglichkeiten der Wirbelsäulenkorrektur sind energetische Heilweisen. Nach einer energetischen Wirbelsäulenkorrektur (Beinlängendifferenz) verändert sich das Belastungsmuster im Bereich des Rückens und kann zu einer deutlichen Linderung akuter und chronischer Rückenleiden beitragen. Mit der Karmic-Atlas-Release-Methode (KAR) wird eine energetische Atlas- Reponierung ohne Manipulation vorgenommen. Hier zieht sich der aus dem Lot geratene Atlas durch Energiearbeit zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte selbständig zurück in seine optimale Position.

 

Auch geistig-seelische Belastungen wie gerade in dieser veränderten Zeit von Corona machen Angst und Sorge und können dazu beitragen, dass sich der Atlas durch überaus starke Nervenanspannung bemerkbar macht. Der Körper reagiert möglicherweise mit unklaren Symptomen und starken Emotionen. Durch Auflösen der negativen Emotionen kann sich wieder Klarheit einstellen. 

 

In jedem Fall ist es ratsam, fachlichen Rat einzuholen. Schon ein Überdenken der eigenen Lebensweise und ein Blick auf den Speiseplan kann eine hilfreiche Unterstützung sein. Entspannung reduziert den Alltagsstress. Jeder Mensch trägt die Fähigkeit in sich, sein Leben legendär werden zu lassen.

 

www.heilpraxis-prolumeno.de

 

Buchempfehlungen:

Bodo Kuklinski: Schwachstelle Genick;

Stanley Rosenberg: Der Selbstheilungsnerv;

Annette Bokpe, Annette Müller: amazinGRACE - Die neue Dimension der Heilung;

Annette Bokpe: Emotion und Psyche 


2020


August - Dezember 2020


Gesundheit für Mensch und Erde – der schamanische Weg

Foto: Wolf Ondruschka
Foto: Wolf Ondruschka

Autor: Wolf Ondruschka

 

Ein Schamane besucht den Papst, der ihn mit seinem speziellen Telefon mit Gott sprechen lässt und dafür 500 € verlangt, weil es ein Ferngespräch über „sehr große Entfernung“ war. Beim Gegenbesuch in der Waldhütte revanchiert sich der Schamane und lässt den Papst mit dem Großen Geist telefonieren. Er verlangt dafür 20 Cent und erklärt dem erstaunten Papst: „Ortsgespräch!“

Der alte Witz beschreibt recht gut die schamanische Sicht: In der Natur ist spirituelles Leben, alles ist beseelt und miteinander verbunden. Geist und Materie sind nicht getrennt und „in großer Entfernung“ voneinander, sondern eins.

 

Was Schamanismus (nicht) ist 

Der Schamanismus ist der älteste uns bekannte Weg der Heilung, der Erhaltung von Gleichgewicht und Harmonie in Mensch und Natur. Er ist kein Glaubenssystem, sondern ein Weg der Erfahrung

Und des Herzens, der uns zurück zum Wesenskern unserer Seele führt. Deshalb fällt es vielen Menschen nicht schwer, schamanische Grundtechniken wie die schamanische Seelenreise zu erlernen. Die dabei erlebte Magie ist keine Zauberei, sondern intensiver Kontakt zum Leben jenseits dessen, was die Oberfläche zeigt. Schamanismus ist geerdete Spiritualität und damit immun gegen ‚esoterische’ Schauermärchen und Verschwörungsphantasien. Die Lehren der alten schamanischen Kulturen, die über Jahrtausende in Harmonie mit der Erde lebten kommen jetzt wieder ans Licht, weil sie gebraucht werden.

 

Die Arbeit der Schamanen

Zu allen Zeiten war es Aufgabe der schamanisch arbeitenden Männer und Frauen, für das Wohlergehen ihrer Mitmenschen zu sorgen. Sie arbeiten dabei direkt mit der Energie der Seele, erkennen so verborgene Zusammenhänge von Krankheit und Krise und können mit Hilfe ihrer geistigen Verbündeten, der Spirits dem Heilungsprozess Raum geben. „Ohne Spirits kein Schamane“, bringt Jonathan Horvitz es auf den Punkt. Hauptursachen einer Krankheit können schädliche Energien sein, die der Seele anhaften oder der Verlust der Verbindung von Körper und Seele. 

 

Trennung macht krank

Alles ist beseelt und verbunden. Dazu gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Wir können diese Verbindung stören; dann verursachen wir Krankheit und Krise – in uns und in der Welt. Die gute Nachricht: Wir können sie nicht zer-stören. Eine tief in uns verwurzelte Sehnsucht nach Einssein mit dem Leben hält die Tür offen, damit wir immer wieder nach Hause finden. Im Grunde sind wir Menschen, die sog. ‚Krone der Schöpfung’ (‚Corona della Creazione’) die abhängigsten Wesen, die von allem brauchen, um zu überleben.

 

Schamanische Ökologie

Wir heilen uns, wenn wir die Erde heilen, denn nur auf einem gesunden Planeten gibt es gesundes Leben. Waren Schamanen früher hauptsächlich für das Überleben ihres Stammes zuständig, so könnte die Renaissance des Schamanismus heute auf die immer drängenderen Probleme des Überlebens auf unserem Planeten hinweisen. Schamanische Erd- und Selbstheilung besteht in der seelischen Kommunikation mit Tieren, Pflanzen, Steinen, mit den Kräften und Geistern der Natur, um mit ihnen in Harmonie zu leben.

 

Und es funktioniert  

Welche wunderbaren Auswirkungen die Zusammenarbeit mit den Mitbewohnern unseres Heimatplaneten haben kann, zeigt ein Beispiel unserer Tage: Als die Gründer der spirituellen Findhorn-Community in Schottland zu ihrer Überraschung feststellten, dass es ihnen möglich war, mit ihren Gartenpflanzen zu sprechen, nahmen sie deren Anweisungen für optimales Wachstum trotz intellektueller Zweifel vertrauensvoll entgegen. Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen, und der Findhorn-Garten, vorher nur ein armseliger Streifen sandigen Bodens wurde weltberühmt. Findhorn ist Wunder und Wirklichkeit und zeigt uns, wie der Geist der Natur uns entgegenkommt, wenn wir uns nur dafür öffnen. (www.findhorn.org.uk)

 

Schamanische Wege

Als wir am Ufer der düngeverseuchten Isar ein Medizinrad legten, um Heilung für den Fluss einzuladen, ahnten wir nicht, was kommen würde: Genau 40 Tage später kam es zu einem politischen Beschluss, die Isar in 4 Jahren „wieder zu einem quellfrische, klaren Gebirgsfluss“ zu machen. Die  Kraft der Medizinräder beruht wesentlich auf der natürlichen Magie der Vier, 4 Himmelsrichtungen, 4 Elemente, 4 Jahreszeiten u.m. Wir überließen den Prozess dieser Kraft und baten lediglich um das, was gebraucht würde (mehr dazu auf www.medizinradgeber.de).

Moderne SchamanInnen können sich dazu aufgerufen fühlen, das Bewusstsein für ein gleichberechtigtes Miteinander allen Lebens zu wecken. Es ist Zeit. Wir heilen die Erde, wenn wir uns von ihr heilen lassen: Geh hinaus, lege die Hände auf die Erde und lausche. Auf deinen Herzschlag. Auf den Herzschlag der Erde. Auf ihren Zusammenklang. – Danke, du hast soeben ein Stück Heilarbeit geleistet, für die Erde und für dich selbst.

„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“ 

(Che Guevara)

 

Mehr dazu unter www.medizinradgeber.de und in „Geh den Weg des Schamanen“ und „Entdecke die Liebe zur Erde“ von Wolf Ondruschka beim Verlag Neue Erde.

 


April - August 2020


Die Wildpflanzen-Apotheke

© Shutterstock
© Shutterstock

Autor: Dr. Markus Strauß

 

Zum Beispiel: der Giersch

Mit der Vorstellung des Gierschs als Mitglied des wilden Triumvirats möchte ich Sie dazu ermutigen, tiefe Freundschaft mit ihm zu schließen. Als schnell wachsendes Wildgemüse ist er ein wahres Geschenk im Garten, auf der Streuobstwiese oder in lichten Laub- und Mischwäldern – und damit kein Störenfried mehr. Schon im zeitigen Frühjahr können die ersten Triebspitzen geerntet werden, danach die schnell wachsenden Blätter bis hin zu den weißen Blüten – und wenn er ab und zu auch mit der Sense abgemäht wird, fängt der grüne Zyklus wieder von vorn an – bis in den Herbst hinein! 

Die Hinwendung zum Giersch ist heute unerlässlich, denn in Zeiten großer Anforderungen, sei es körperlicher, geistiger oder seelischer Natur, entfaltet Giersch allzu gern sein heilsames Potenzial. Und wer kann heute darauf schon verzichten? Er erinnert geschmacklich an Petersilie oder Sellerie, besticht aber durch sein ganz eigenes »Profil«. Der Geschmack ist für Sie vielleicht zu Beginn noch ungewohnt, doch bald werden Sie ihn genauso mögen wie ich. Egal, ob er im zeitigen Frühling roh im Salat und Kräuterquark, später »wie Spinat« oder mit seinen Blüten als essbare Dekoration zubereitet wird: Er ist ein treuer und zuverlässiger Begleiter im Alltag. Ich nutze ihn in vielfältiger Zubereitungsform, als Gemüse, Saft und Smoothie, aber auch beim Wandern als Erste-Hilfe-Umschlag bei Verstauchungen oder zu Hause als Badezusatz (siehe Wald-Apotheke).

 

Hier wächst er:

 

Oft ist Giersch im eigenen Garten an halbschattigen Plätzen, auf nährstoffreichen und feuchten Böden zu finden. Er wächst recht üppig in der lichten Krautschicht im Laub- und Mischwald, am Waldrand, unter Hecken und Obstbäumen sowie an Gebüschen. Oftmals gesellen sich, wie hier im Bild zu sehen, Brennnesseln und Taubnesseln mit dazu. Zu übersehen ist er wegen seines massenhaften Auftretens jedenfalls nicht! Vielleicht werden Sie schon bald feststellen, dass Sie fast alles durch die grüne »Gierschbrille« sehen.

© Bernd Schönfelder
© Bernd Schönfelder

Daran erkennen Sie ihn: 

Giersch gehört zur Familie der Doldenblütengewächse (Apia-ceae) und hat zwei Erkennungsmerkmale, die man sich gut merken kann: den 3-kantigen Blattstiel sowie die 3-teilige Grundform der Blätter. Nur der Haupttrieb ist rundlich gefurcht und innen hohl. Als junger Austrieb sind die Blätter noch »wie zusammengefaltet«, erst später breitet sich die 3-teilige Form vollständig aus. Die Blattränder haben deutlich sichtbare kleine Zähnchen, die weiße Blüte wächst als flache Dolde. Giersch ist eine mehrjährige Staude und kann Wuchshöhen zwischen 50 und 100 cm erreichen. 

 

So wirkt er:

Der hohe Eiweißgehalt (6,7 g pro 100 g), Magnesium, Kalzium, Eisen, Kupfer, Mangan, Vitamin C sowie Provitamin A toppen jeden müden Kopfsalat aus dem Supermarkt. Dazu kommen wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe wie ätherische Öle. Giersch ist damit ohne Zweifel ein einheimisches Superfood. Die größte gesundheitliche Wirkung liegt in seiner Fähigkeit, Harnsäure auszuleiten. Bei regelmäßigem Verzehr von Fleisch, insbesondere Schweinefleisch, erweist er damit Ihrem Körper große Dienste, denn Harnsäure gehört zu den häufigsten Stoffwechselrückständen unserer Zivilisation – und nur eine Ernährung mit einem hohen Anteil an basisch wirkenden Lebensmitteln kann diesen Ablagerungen zu Leibe rücken. Auch Stress und Überforderung steuern zur Übersäuerung des Körpers bei. Somit kann der regelmäßige Genuss von Giersch auf ausgleichende Weise sein gutes Werk tun.

 

So bauen Sie Giersch selbst an:

In den mittelalterlichen Klostergärten wurde Giersch als Gemüse kultiviert. Besonders Hildegard von Bingen (1098–1179) hat ihn hoch gelobt. Als dauerhafte Staude ist er – ähnlich wie Brennnessel und Löwenzahn – kinderleicht anzusiedeln. Die Triumvirat-Pflanzen spielen zukünftig auch in Essbaren Wildpflanzenparks (Ewilpa®), bei der natürlichen Gartengestaltung sowie in der fortschrittlichen (Öko-)Landwirtschaft eine bedeutende Rolle. Diese wertvollen Wildgemüse können auf naturschonende Art angebaut werden. Der Fachbegriff hierfür ist »extensiv« – diese Bezeichnung werden Sie sicherlich noch oft im Buch lesen. Im Garten ist Giersch als Bodendecker unter Beerensträuchern wie Himbeeren, Johannisbeeren oder Stachelbeeren sowie unter Strauchrosen oder anderen Sträuchern ideal. Wichtig ist, dass Giersch ungefähr drei- bis viermal im Jahr, am besten immer kurz vor oder während der Blüte abgesichelt wird. Dann wächst in »Frühlingsqualität« wieder frisches Blattgemüse nach und versorgt uns so über ein halbes Jahr mit gesunder Grünkraft. Giersch liebt reichlich Humus und auch Feuchtigkeit. Ideal ist daher eine Düngung mit ca. 3 cm Komposterde im Frühjahr sowie das herbstliche Mulchen mit Laub.

 

Mein persönlicher Rat:

Junge, noch nicht voll entfaltete Gierschblätter – ich nenne diese bei Führungen auch gerne scherzhaft »Klappgiersch« – esse ich gerne auch gleich frisch gepflückt, somit ungewaschen und roh. Dieser kulinarische Genuss kann auch einen Beitrag zur Versorgung mit Vitamin B12 leisten. Dieses Vitamin ist gerade bei Veganern, aber auch bei Fleischessern mit einer veränderten Darmflora oft Mangelware und muss künstlich substituiert werden (mittels Vitamin-B12-Injektion, Tabletten oder einer Vitamin-B12-haltigen Zahncreme). Es ist jedoch nicht der Giersch direkt, der uns mit dem wichtigen Vitamin versorgt: Die auf den Blättern lebenden Mikroorganismen produzieren Vitamin B12. Auch für anderes Wildgemüse sowie Beeren, Früchte und Fallobst empfehle ich aus diesem Grund den teilweise ungewaschenen Rohverzehr. Voraussetzung dabei ist selbstverständlich ein Sammelort ohne Hundeauslauf, zum Beispiel in Ihrem Garten oder einem Hochbeet bzw. an höher gelegenen Büschen (…).

 

Sammelhinweise:

Blattgrün (für Blattgemüse) März–Oktober; Blüten Juni

 

Die Rezepte:

Giersch-Brusschetta - Das regionale Antipasto mit Aha-Effekt

 

Für 4 Personen

1 Handstrauß junger Gierschblätter

1 rote Zwiebel oder 2 Frühlingszwiebeln

1 Knoblauchzehe

4 reife Tomaten

3 EL natives Olivenöl

2 EL Trauben-Shrub oder Saft einer Biozitrone

Salz und Pfeffer

1 Dinkelbaguette

 

Das Baguette in Scheiben schneiden und auf dem Toaster oder im Backofen bei 150 °C Umluft anrösten. Danach mit der geschälten Knoblauchzehe einreiben. Gierschblätter, Tomaten und Zwiebeln feinstückig schneiden und mit Shrub oder Zitronensaft, Öl, Salz und Pfeffer anmachen. In kleinen Häufchen auf die Scheiben verteilen.

 

Giersch-Möhren-Fenchen-Eintopf

Dreierlei von den Doldenblütlern

 

Für 4 Personen

2 Handsträuße Gierschblätter, gewaschen und klein geschnitten

1 Zwiebel

2 EL Kokosöl

4 Möhren, klein geschnitten

2 Fenchelknollen, in Würfel geschnitten

½ l Gemüsebrühe

Pfeffer, Kreuzkümmel und Salz zum Abschmecken

 

Kokosöl im Topf erhitzen, die klein ge¬schnittene Zwiebel sowie die Möhren- und Fenchelstücke andünsten und die Gemüsebrühe dazugeben. Danach den Giersch ungefähr 2–3 Minuten im Dampf unter geschlossenem Deckel mitdünsten. Gewürze nach Geschmack hinzufügen.

 

Das Gemüse passt hervorragend zu Hirse, Quinoa, Vollkorn- oder Dinkelreis.


Textauszug aus „Die Wildpflanzen-Apotheke“ von Dr. Markus Strauß mit freundlicher Genehmigung des Knaur-Menssana Verlags.

Siehe auch bei „Wortwelten“.